Theater in Papier
Theater in Papier

Ein echtes Unikat 

Zehn Voraussetzungen, die Sie mitbringen sollten, wenn Sie das erste Mal ein Papiertheater bauen. 

Am Anfang war die Idee

Dann die Zeichnung

Dann das Chaos

Und dann war es irgendwie…gut

 

Vielleicht ist es eine weibliche Eigenschaft, vielleicht ist es auch nur einfach ein Charakterzug von mir: Besserwisserei. Manchmal kommt man weit damit, manchmal weniger. Ich denke, beim ersten Bau meines Papiertheaters bin ich irgendwie dazwischen gelandet.

 

Alles fing damit an, dass ich meinte, ein größeres Papiertheater zu benötigen. Eines, vor dem 30-40 Personen Platz finden und etwas sehen können. Außerdem sollte es anders sein als die anderen gängigen Theater - natürlich. Und es sollte bei all seiner Größe auch noch einfach und schnell auf- und abzubauen sein. Ein Ziel, das meines Wissens die Wenigsten erreicht haben – ich jedenfalls nicht. 

 

Und dann kam noch die eingangs reflektierte Besserwisserei ins Spiel: ich hatte  keine Lust, mich im Vorfeld groß mit Menschen, die es wirklich besser wissen,  auszutauschen oder Anleitungen zu lesen. Schließlich hatte ich konkrete Vorstellungen, an denen nicht zu rütteln war. Und diese habe ich dann auch, zur großen Verblüffung meines Mannes, der mit meinen mathematischen Unfähigkeiten bestens vertraut ist, tatsächlich maßstabsgetreu zu Papier gebracht. Und da sind wir auch schon bei der ersten der folgenden zehn Voraussetzungen, die Sie mitbringen sollten, wenn Sie das erste Mal ein Papiertheater bauen:

 

 

1. Einen toleranten Partner
Der nebenberufliche Bau eines Papiertheaters frißt Zeit, Raum, Geld und Nerven. Ist Ihr Partner ordnungsliebend, anhänglich, strikter Anti-Alkoholiker und geizig, rate ich, von den Plänen eines Papiertheaterbaus abzusehen – im Sinne Ihrer Partnerschaft. Denn ich gehe nicht davon aus, dass Sie das eine gegen das andere tauschen wollen.

Nur um Missverständnissen vorzubeugen: unsere Ehe hat die vierteljährige Bauphase unbeschadet überstanden.

 

2. Überblick im Chaos
Nehmen Sie sich anfangs ruhig vor, nach jedem Tag Arbeit am Papiertheater Ihren Arbeitsraum wie eine echte Werkstatt wieder aufzuräumen. Vielleicht gelingt es Ihnen ja – mir nicht. Deshalb empfehle ich einen Raum, am besten den Keller, in dem Papierschnitzel umherfliegen dürfen, Sägespäne in den Ritzen verschwinden und dieses penetrante doppelseitige Klebepapier sich auch einmal an Möbeln oder Wänden verewigen darf. Mal abgesehen von der Farbe, die gerne dahin kleckst, wo Sie nichts abgedeckt haben.

Sie sollten auch ausreichend Platz haben, um kleine Häufchen zu bilden – nur so behalten Sie im Chaos den Überblick: ein Häufchen für Holzreste, ein Häufchen für Werkzeug, für Schrauben, für Pappen, für Verbandsmaterial, falls die Säge wirklich so scharf ist wie der geduldige Verkäufer im Baumarkt versprochen hat…

Warum Keller? Da hören die Nachbarn Ihr Fluchen nicht.

 

3. Kreativität
Wer sich mit Papiertheater beschäftigt, ist in der Regel kreativ. Kreativ sein heißt aber auch, mit unvorhergesehenen Problemen umgehen zu können und unkonventionelle Lösungen zu finden. Bei mir ist es die Papprolle unter dem Theater, die verhindert, dass meine ausgeklügelte Klappkonstruktion des Bühnenbodens (wegen des vereinfachten Auf- und Abbaus) nicht während der Vorstellung ungewollt aktiv wird.

 

4. Unbeirrbar bleiben
Halten Sie an Ihrem Ziel fest, auch wenn Sie noch nie mit einer Stichsäge umgegangen sind, niemals einen Akkuschrauber in der Hand hielten, das fünfte Mal im Baumarkt waren, weil Sie etwas vergessen hatten  und alle um Sie herum sagen: Lass Dir doch einfach ein Theater vom Schreiner bauen. Selbst gemacht ist selbst gemacht, selbst wenn es hinterher wackelt.

 

5. Apropos Stichsäge
Vielleicht mache ich doch hier einen kleinen Abstrich in Sachen Verweigerung von Dienstleistungen. Ich meine mich zwar zu erinnern, in meiner Jugend mit einer Stichsäge einmal eine Platte zugesägt zu haben, jedoch war mir nicht klar, dass Sie, bei mangelnder Übung, von der Stichsäge übers Brett gezogen werden wie ein betrunkener Hund einen ungeübten Schlittschuhläufer an der Leine übers Eis zieht. Wenn Sie also, anders als ich, KEINEN ungeplanten, schwungvollen Jugendstil-Bühnenausschnitt sondern den eigentlich gewollten, normalen quadratischen Ausschnitt präferieren– lassen Sie sich das Proszenium von einem Experten zusägen.

 

6. Zeit
Vergessen Sie einfach jeden Zeitplan. Fangen Sie irgendwann an und hoffen Sie, dass Sie irgendwann fertig werden.

 

7. Starke Nerven
Wie heißt der Spruch: erstens kommt es anders und zweitens als man denkt? Stimmt! Ein kühles Glas Cremant hilft über Rückschläge hinweg und macht je nach Höhe des Alkoholkonsums auch noch kreativ. Die in dieser Phase von mir geöffneten Flaschen sind nicht mehr zu zählen und das ist auch besser so.

 

8. Ausdauer
Seien Sie nicht enttäuscht, wenn nicht jede Konstruktion klappt, Holzleisten splittern, Schrauben zu lang sind und Sie nach dem Komplettzusammenbau feststellen, dass Sie vergessen haben, die Vorhangkonstruktion anzubringen. Es gibt für alles eine Lösung (siehe Voraussetzung 3)

 

9. Einen reichen Wortschatz
Neben einem kühlen Cremant hilft es manchmal, seiner Ungeduld verbal laut Luft zu verschaffen. Deshalb auch die Empfehlung einen Kellerraum zu nutzen. Eleganter ist natürlich das Fluchen auf französisch, aber auch anstrengender, da das Wörtebuch immer griffbereit liegen muss.

 

10. Leidenschaft für das Papiertheater
Auch wenn der nebenberufliche Bau eines Papiertheaters für unerfahrene Laien kein Pappenstil ist: Wer das Papiertheater liebt, wird eine unendliche Freude daran haben, die Bühne, auf der er seine eigenen Stücke präsentiert, auch selbst zu entwerfen und zu bauen.

 

Deshalb kann ich es nur jedem empfehlen.

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Theater in Papier © ThéÂtre Mont d'Hiver